Schon seit Beginn der Ära des Computerschachs habe ich mich in Theorie und Praxis mit dem Thema Computerschach beschäftigt.
In der Praxis mit den Schachcomputern Super System V (schrecklich!) und Mephisto II, sowie diversen PC-Schachprogrammen auf meinem Commodore CBM Modell 3008 (dem direkten Nachfolger des legendären PET), dem Schneider Joyce, einem 286er und heute einem 486er.
In der Theorie durch Programmierversuche, Literatur und eigene Veröffentlichungen, von denen eine sogar ins Englische übersetzt wurde.
Heute ist dieses Gebiet allerdings kaum noch zu überblicken; ich möchte deshalb aus meiner persönlichen Arbeit nur zwei Aspekte herausgreifen:
Partieanalyse und das Arbeiten mit einer Schach-Datenbank.
In dieser Ausgabe will ich über den ersten Punkt berichten, in der nächsten Ausgabe (die hoffentlich nicht so lange auf sich warten läßt) über das Thema Schach-Datenbank.
In der Anfangszeit war das Analysieren von Partien allein schon deshalb uninteressant, weil die Computer bzw. Programme nicht über eine halbwegs brauchbare Spielstärke verfügten. Es sei nur daran erinntert, daß sie z. T. sogar regelwidrige Züge akzeptierten, ohne König weiterspielten oder das En Passant - Schlagen nicht kannten. Daß sie auch vom Bedienungskomfort her nicht geeignet waren, kommt noch hinzu.
Heute verfügt z. B. Fritz 3 über eine speziellen Spielstufe, in welcher er eine Partie - wenn es sein muß stunden- oder tagelang - analysiert und die Ergebnisse als Kommentare oder Varianten abspeichert, so daß man noch nicht einmel dabei sein muß.
Ein Beispiel einer analysierten Partie folgt auf der nächsten Seite.
Partien LS analysiert mit Computer
Partien Holger Kumm
Diverses
Keine Angst vor dem Budapester Gambit ?!
Vor einigen Jahren hatte ich mich in dieser Zeitschrift etwas hochmütig zum Thema "Keine Angst vor dem Budapester Gambit" geäußert, nachdem ich ein oder zwei Partien gewonnen hatte.
Daß danach auch Partien verloren gingen, sei korrekter Weise nun erwähnt.
Daß ich jedoch das erste Spiel der Saison 1995/95 gegen einen stärkeren Gegner (DWZ + 67) gewann, freut mich nicht nur, sondern soll Anlaß sein, diese Partie und einige grundlegende Gedanken zu einigen schachpraktischen Themen zu veröffentlichen.
Dabei will ich neben einer kleinen Analyse die Themen unterschiedliche Rochaden und Wendepunkte etwas beleuchten.
Vorab deshalb folgende grundsätzliche Anmerkungen:
Bei unterschiedlichen Rochaden wird die Partie sehr oft von einem stürmischen Bauernangriff gegen die feindliche Rochadestellung gekennzeichnet. Dies vor allem deshalb, weil man ja keine Angst haben muß, die eigene Königsstellung zu entblößen. Der eigene ist ja auf der anderen Seite in "Sicherheit"; oder auch nicht, wenn der andere mit seinem Bauernangriff schneller bzw. erfolgreicher ist. Dabei steht man häufig vor der Entscheidung, seinen Angriff fortzusetzen oder aber einen Verteidigungszug einzuschalten. Fehlentscheidungen können einerseits zu einem raschen Partieverlust führen, wenn man die Verteidigung unterläßt; andererseits kann der eigene Angriff an Schwung verlieren, wenn man einen noch nicht notwendigen Verteidigungszug macht und so ein Tempo verliert.
Optimal ist es natürlich, wenn man einen Zug findet, der beiden Seiten gerecht wird.
n einem Schachbuch habe ich einmal den Begriff "Wendepunkte" gelesen. Es geht dabei darum, daß man nur dann erfolgreich Schach spielen kann, wenn man in der Lage ist, Pläne zu entwickeln. Der jeweilige Plan ergibt sich aus der Stellungsbeurteilung (Stärken und Schwächen von beiden Seiten), den Fähigkeiten bzw. Vorlieben für bestimmte Spieltypen, der Risikobereitschaft, dem Zwang gewinnen zu müssen oder aber mit einem Remis zufrieden sein zu können (Mannschaftskampf oder Turnier). Dabei können auch Zwischenziele definiert werden (z. B. Besetzung einer Reihe).
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Wie im wirklichen Leben sollte man natürlich auch immer überprüfen, ob der Plan noch richtig ist, ob er noch durchführbar ist oder evtl. durch einen anderen, besser geeigneten ersetzt werden sollte. Dies ist ein permanenter Prozeß. Darüber hinaus, ergeben sich in Schachpartien jedoch häufig Stellungen, in denen grundlegende Entscheidungen getroffen werden müssen. Dabei ist es gleich, ob man diese Stellungen vorausberechnet oder erwartet hat oder ob sich diese unvorhergesehen ergeben haben.
Diese Stellungen möchte ich als Wendepunkte bezeichnen. Abverlangte Entscheidungen können z. B. sein:
Übergang in ein bestimmtes Endspiel ?
Abtausch von Figuren (z. B. ungleiche Läufer mit Remistendenz)
Verteidigung oder Angriff?